Die Vision
Wie kann Contemporary Memorial Art entwickelt und umgesetzt werden?
Der Kunst- und Kultursektor sieht sich zunehmend mit der Frage konfrontiert, wie er als Ort der Reflexion in der Migrationsgesellschaft fungieren kann. Die konzeptionelle Setzung von Bunker 16 - Contemporary Memorial Art ist, entsprechend der Pluralität der gegenwärtigen Bevölkerung, multiperspektivisch und diversitätskritisch.
Der offene Erinnerungs-Kunst-Ort am Yppenplatz will die Auseinandersetzung mit der österreichischen Vergangenheit ergänzen und erweitern. Menschen unterschiedlicher biographischer Kontexte entdecken Verbindendes und Eigenes. Fragen von Zugehörigkeiten und Repräsentation gewinnen zunehmend an Bedeutung und fangen immer in der Vergangenheitsbewältigung an. Wenn die eigene Geschichte in der Öffentlichkeit nicht vorkommt, ist eine soziale, politische und kulturelle Identifikation mit der Gegenwartsgesellschaft schwer möglich.
Im Bunker 16 soll dem Wissen und den Lebenserfahrungen von Menschen die zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten Krieg erlebt haben, in künstlerisch-diskursiven und biographisch-dokumentarischen Formaten neuer Raum gegeben werden.
Bunker16 - Erinnerungspraxis
Über den Bunker unter dem Yppenplatz
Eine Otko-Dokumentation von Scharo Amin
Welche Formen des Erinnerns braucht unsere Gesellschaft?
In Österreich findet Erinnern zumeist in segregierten Communities statt mit spezifischen Perspektiven für und auf die jeweils Betroffenen. Ein großer Teil der Bevölkerung bleibt davon allerdings biographisch weitgehend ausgeschlossen.
In der heterogenen Bevölkerung Wiens treffen sehr unterschiedliche Herkunftsgeschichten aufeinander. Insbesondere um den Brunnenmarkt leben viele Menschen mit persönlichen Kriegserfahrungen aus Afghanistan, Armenien, Ex-Jugoslawien, Irak, Jemen, Kurdistan, Pakistan, Syrien, Türkei, Ukraine, Vietnam und vielen weiteren Regionen der Welt. Sie haben gesellschaftlich wenig Räume sich - über die eigene Familie hinaus - mit ihrem Erinnern, ihrer Geschichte, ihrem Erlebten auseinanderzusetzen. Vieles wird verdrängt, tabuisiert.
Menschen, die als (Klein-)Kind nach Österreich gekommen oder in Wien geboren sind und deren Eltern Kriegserfahrungen mitbringen, haben über das Bildungssystem und die hiesige Erinnerungskultur Zugang zur Aufarbeitung der Geschichte Österreichs und sind gleichzeitig über ihre Familien mit ihrer eigenen Herkunftsgeschichte konfrontiert.
Einen offenen Kunst-Ort, der die Möglichkeit bietet, diese komplexen Erfahrungen und Perspektiven zusammenzuführen, zu reflektieren, künstlerisch aufzuarbeiten und daraus neue Impulse für die Erinnerungskultur in diesem Land zu schaffen, gibt es bisher nicht.
Aktuelle gesellschaftliche Fragen
- Welche Geschichte bringen einzelne Individuen mit in das hiesige gesellschaftliche Zusammenleben?
- Wie setzt sich `die Geschichte` innerhalb von Bi-Nationalen Familien zusammen?
- Welche Kriegserzählungen sind in den Familien heutiger Jugendlicher in Österreich präsent? Zeitzeug*innen in unserer Gesellschaft legen Zeugnis ab. wovon?
- Was bedeutet der aktuelle Paradigmenwechsel des Sterbens der Zeitzeug*innen des Holocaust für die nachgeborenen Generationen?
- Welche Friedensbilder existieren für die heutige Jugend?
- Wie kann Erinnerung an aktuelle(re) Geschehnisse, Ereignisse, Menschen im öffentlichen Raum sichtbar werden und welchen Symbolwert hat dies für den Umgang einer Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit?
- Wie können die jeweiligen kollektiven Vergangenheiten von Bürger*innen darin vorkommen?
- Wie kann zeitgenössische Kunst kollektive und generationsübergreifend Traumata der Gesellschaft abbilden und bearbeiten?